Übersicht: Urheberrecht – aktuelle Rechtslage

Am 1. März 2018 trat das Gesetz zur Angleichung des Urheberrechts an die aktuellen Erfordernisse der Wissensgesellschaft (UrhWissG) in Kraft. Es regelt neu, welche urheberrechtlichen Nutzungshandlungen im Bereich Bildung und Wissenschaft gesetzlich erlaubt sind, ohne dass es einer Zustimmung der Urhebers und sonstiger Rechtsinhaber bedarf (so genannte Schranken des Urheberrechts).

Das Gesetz wurde am 30.06.2017 vom Bundestag verabschiedet und gilt zunächst bis Ende Februar 2023 (danach wird es evaluiert werden).

Welche Materalien dürfen in der Hochschullehre elektronisch zur Verfügung gestellt werden?

Hier eine Übersicht der aktuellen Regelungen:

 Für:  Erlaubte Nutzung:  Verboten:
Digitale Semesterapparate
  • max. 15% eines Werkes
  • vollständiges Werk sofern vergriffen (= nicht vom Buchhandel lieferbar)
  • vollständige Abbildungen (als Zitat)
  • vollständige einzelne Artikel aus wiss. Zeitschriften/ Fachzeitschriften
  • vollständige Werke geringen Umfangs (Text max. 25 Seiten; Noten max. 6 Seiten; Musik/Film max. 5 min.)
  • vollständige Artikel aus Zeitungen /  Publikumszeitschriften
  • Physische Kopien von Noten
  • Zugang für Nichtteilnehmer der Veranstaltung
Forschungsgruppen
  • max. 15% eines Werkes
  • vollständiges Werk sofern vergriffen (= nicht vom Buchhandel lieferbar)
  • vollständige Abbildungen (als Zitat)
  • vollständige einzelne Artikel aus wiss. Zeitschriften / Fachzeitschriften
  • vollständige Werke geringen Umfangs (Text max. 25 Seiten; Noten max. 6 Seiten; Musik/Film max. 5 min.)
  • für kommerzielle Forschung
  • Zugang für unbeteiligte Dritte
  • vollständige Artikel aus Zeitungen / Publikumszeitschriften
Eigene wissenschaftliche Forschung
  • max. 75% eines Werkes
  • vollständiges Werk sofern vergriffen (= nicht vom Buchhandel lieferbar)
  • vollständige Abbildungen (als Zitat)
  • vollständige einzelne Artikel aus wiss. Zeitschriften / Fachzeitschriften
  • vollständige Werke geringen Umfangs (Text max. 25 Seiten; Noten max. 6 Seiten; Musik/Film max. 5 min.)
  • vollständige Artikel aus Zeitungen / Publikumszeitschriften
Fernleihe
  • Kopie von max. 10% eines Werkes
  • einzelne Artikel aus wiss. Zeitschriften und Fachzeitschriften
  • Fernleihkopien aus Zeitungen oder Publikumszeitschriften
Text/Data Mining
  • Vervielfältigung des Ausgangsmaterials
  • Zugang für beteiligte Personen
  • für kommerzielle Zwecke
  • eigene Aufbewahrung nach Abschluss der Forschungsarbeit (darf aber Bibliothek oder Archiv)

Quelle: Universitätsbibliothek Rostok, UB-Wiki → https://web10.ub.uni-rostock.de/wiki/Fachinformation:Neue_Bestimmungen_zum_Urheberrecht_ab_01.03.2018.

Übersicht: Wichtigste Änderungen ab 01.03.2018

  • Das UrhWissG ordnet das Wissenschaftsurheberrecht neu, indem es zahlreiche bislang verstreute bildungs- und wissenschaftsspezifischen Schranken (§§ 44a bis 63a UrhG) in die neugeschaffenen §§ 60a ff UrhG zusammenführt.
  • Bisher konnten nur "kleine Teile eines Werkes" (= ca. 12 %, nicht mehr als ca. 100 Seiten) über das Learning Management System einer Hochschule zugänglich gemacht werden. Nach dem UrhWissG ist dies für "15 % eines Werkes" möglich. Diese Regelung ist nicht nur klarer, sondern erlaubt auch die Zugänglichmachung eines etwas größeren Werkteils.
  • Es ist klargestellt, dass es sich bei "Abbildungen" um Werke "geringen Umfangs" handelt, die zugänglich gemacht werden dürfen.
  • Der "verpflichtende Verlagsvorrang", der im Gesetzgebungsverfahren lange in der Diskussion war, wurde nicht in das Gesetz aufgenommen. Das heißt, dass Werke künftig unabhängig davon, ob diese für digitale Semesterapparate z. B. über booktex angeboten werden oder ob eine Nutzungslizenz bereits vom Verlag erworben wurde, in LMS-Systeme eingestellt werden können. Lehrende müssen vor Einstellung einer Datei also nicht aufwändig prüfen, ob ein solches Angebot vorliegt.
  • Die Urheberin bzw. der Urheber eines Werkes hat weiterhin einen Anspruch auf eine angemessene Vergütung der Werknutzungen (§ 60h). Eine pauschale Vergütung oder eine repräsentative Stichprobe der Nutzung für die nutzungsabhängige Berechnung der angemessenen Vergütung wird für ausreichend erklärt. Damit ist die von der Verlagswirtschaft und der VG Wort lange geforderte Einzelvergütung, die für die Hochschulen äußerst zeitaufwändig und teuer geworden wäre, vom Tisch.
  • Eine erhebliche Einschränkung besteht künftig mit Blick auf die Nutzung von Artikeln aus Tageszeitungen und vergleichbaren Presserzeugnissen. Auf diese finden die Schranken der §§ 60a bis h keine Anwendung. Das bedeutet, dass Scans aus Tageszeitungen und vergleichbaren Presserzeugnissen künftig nicht mehr in LMS-Systeme zur Verfügung gestellt werden dürfen. Diese Regelung gilt nicht rückwirkend, d.h. die Lehrplattformen müssen nicht zwingend "gereinigt" werden und das Verbot gilt erst ab dem 1.3.2018. Die Einschränkung kann als Zugeständnis des Gesetzgebers an die Presseverlage gewertet werden, die über ihre Online-Archive Einnahmen generieren wollen. Die Regelung trifft die Wissenschaften hart, für die Zeitungen eine wichtige Arbeitsgrundlage sind. Erlaubt ist weiterhin, in Dokumenten, die in LMS-Systeme abgelegt werden, aus Zeitungsartikeln zu zitieren. Die Zitate dürfen allerdings einen Umfang von 15% des gesamten Artikels nicht überschreiten. Auch dürfen Scans aus Zeitungen weiterhin in der Lehre (z. B. über Beamer) gezeigt werden. Dies darf dann allerdings nicht mitgeschnitten werden.
  • Daneben bleiben die §§ 51 (Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe eines veröffentlichten Werkes zum Zweck des Zitats) und 53 UrhG (Vervielfältigungen zum privaten und sonstigen eigenen Gebrauch) für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler weiter gültig.
  • Das neue Gesetz erlaubt und regelt im § 60d UrhG erstmals das sogenannte Text- und Data Mining. Damit ist automatisierte Auswertung großer Mengen urheberrechtlich geschützter Inhalte (z.B. Texte, Bilder, Tonaufnahmen) gemeint. Das Gesetz erklärt für zulässig, den so gewonnenen Textcorpus "einem bestimmt abgegrenzten Kreis von Personen für die gemeinsame wissenschaftliche Forschung sowie einzelnen Dritten zur Überprüfung der Qualität wissenschaftlicher Forschung öffentlich zugänglich zu machen." Eine kommerzielle Nutzung wird ausdrücklich ausgeschlossen.

Quelle: Team der Universitäts- und Stadtbibliothek Köln und des Justitiariates (urheberrecht@uni-koeln.de)

Grafische Übersicht und Praxisleitfaden

Eine zusammenfassende grafische Übersicht finden Sie → hier.

Einen Praxisleitfaden für Rechtsfragen bei der Digitalisierung in der Lehre finden Sie → hier.

Weiterführende Informationen